Elektra her scaled

6 Fragen an Elektra Jessica Tiziani zu ihren Erfahrungen als Hörbuchsprecherin

Hast du dich schon immer gefragt, wie Hörbuchsprecher*innen zu ihrem Beruf finden und wie es ist, beruflich Geschichten einzusprechen? Elektra Jessica Tiziani berichtet aus erster Hand, welche Charaktere sie am meisten begeistern, welchen Rat sie angehenden Sprecher*innen geben würde und warum es sich um ein „schizophrenes Vergnügen“ handelt.

1. Was gefällt dir am meisten am Einsprechen von Hörbüchern? 

Als Sprecherin von Hörbüchern freut man sich über die vielfältigen Möglichkeiten der Gestaltung! Auf der Bühne verkörpert man meistens eine bestimmte Rolle, bei Hörbüchern darf man die Perspektive und die Rollen wechseln und jedem seine eigene Farbe geben. Bösewicht und gute Fee in einem – man könnte es ein „schizophrenes Vergnügen“ nennen. Außerdem ist die Stimme das einzige Ausdrucksmittel – keine Mimik, keine Gestik, die meine Gestaltung unterstützen kann. Das ist immer eine Herausforderung.

2. Welche Erfahrungen hast du mit Storify gemacht? 

Mein erstes Hörbuch, das ich bei Storify einlesen durfte, „Die Puppe wusste es“ von Rita Maffini, hatte direkt ein krasses Thema: Kindesmissbrauch und Gewalt gegen Frauen. Es gab Stellen, die sind mir unheimlich nahe gegangen, besonders die Stellen mit dem Kind. Es haben mich während meiner Arbeit schon oft Texte oder Rollen besonders berührt. Aber bei diesem Text saß ich nach dem Einlesen mancher Kapitel einfach nur ganz still da. Ich konnte nicht so ohne weiteres weiterlesen. Sowas passiert nicht oft, das waren schon spezielle Momente …

3. Welche Art von Geschichten liest du am liebsten ein und warum? 

Ich glaube, es gibt gar nicht eine bestimmte Art von Geschichte, die ich besonders gerne einlese. Manche Texte begeistern mich sofort und andere sind anfangs sperrig und während ich noch nach einem Zugang suche, habe ich mich schon heimlich, still und leise in sie verliebt. Starke Charaktere als Held*innen mögen wir doch alle irgendwie, solche, die einen schon beim ersten Lesen überraschen, über die man lachen muss oder die durch ihre Art herausfordern. Natürlich sind dramatische oder leidenschaftliche Geschehnisse wunderbar zu lesen, aber genauso gern lese ich die stillen Momente, in denen gar nichts geschieht. Die Triebfeder von uns Sprecher*innen ist es, den Groove der Erzählungen und ihrer Figuren einzufangen und zu transportieren. Ich denke, dieses intensive Auseinandersetzen ist es auch, das immer die Geschichte am interessantesten macht, die man gerade vor sich hat.

Eignet sich meine Geschichte für ein Hörbuch?

4. Was ist deiner Meinung nach ein „guter Text“? 

Der Schreibstil ist wie die ureigene Stimme der Erzählung, der muss mir natürlich gefallen, aber da gibt es für mich nichts Allgemeingültiges, das ist reine Geschmackssache. Ein guter Text unterhält mich – ob mit Spannung oder mit Humor! Wichtig ist, dass er seine eigene Gangart hat, dass er Figuren entwirft, die mich interessieren, die etwas zu sagen haben und die ein aufregendes Ziel verfolgen, was immer das auch sein mag. Manchmal ist es auch nur eine bestimmte Atmosphäre, die mich mitnimmt. Wenn ich wissen will, wie es weiter geht, wenn ich gern in der Gesellschaft der Charaktere bin, dann läuft es (für mich) in die richtige Richtung.

5. Wie ist dein Weg zur Hörbuchsprecherin verlaufen? 

Ich bin ein Kassettenkind der achtziger Jahre und mit Hörspielen groß geworden, die ich bis heute liebe. Dazu kommt, dass meine Mutter Schauspielerin und mein Vater Opernsänger ist. Da wächst man schon zwischen Textbüchern und Probebühnen auf. Ich habe dann aber ganz klassisch eine Schauspielausbildung gemacht, Theater gespielt und irgendwann auch Schauspieler*innen ausgebildet und mich intensiv in Sprechtechnik und Sprachgestaltung weitergebildet. Die Arbeit mit den Schüler*innen hat mir viel gegeben, aber auch die etlichen Lesungen, die ich in den letzten Jahren gemacht habe. Das Lesen vor Publikum zeigt dir unmittelbar, ob du deine Zuhörer*innen gepackt hast oder nicht. Das war ein tolles Training für das selbstständige Arbeiten im Studio.

Ein Autor erzählt: Mein Weg zum Hörbuch

6. Welchen Rat würdest du angehenden Sprecher*innen/deinem jüngeren Ich geben? 

Laut Lesen und sich immer wieder ausprobieren! Sich (Sprecher*innen-) Vorbilder suchen und gut zuhören. Man lernt unheimlich viel, wenn man nachzuvollziehen versucht, was der andere macht. Wer in einem Sprechberuf ist, muss eine gesunde Technik haben – da ist eine Ausbildung nicht verkehrt. In jedem Fall sollte man sich vom Profi helfen lassen, wenn man nach längerem Lesen ständig heiser wird oder die Stimme „wegbricht“, da macht man was falsch und schadet sich womöglich! Und ansonsten: nur Mut :-)!

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